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Vorsicht bei der pauschalen Abgeltung von Überstunden

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Ein Gewerkschaftssekretär klagte gegen seinen Arbeitgeber erfolgreich auf Bezahlung von Überstunden.

Er war mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 35 Stunden bei ver.di mit einer monatlichen Bruttovergütung von EUR 5.542,00 beschäftigt. Über Beginn und Ende der Arbeitszeit hatte der Kläger grundsätzlich im Wege einer „Vertrauensarbeitszeit“ selbst zu entscheiden. Auf das Arbeitsverhältnis fand aufgrund einer Bezugnahme im Arbeitsvertrag eine Gesamtbetriebsvereinbarung mit dem Titel „Allgemeine Arbeitsbedingungen für die ver.di-Beschäftigten“ (AAB) Anwendung. Darin war der Passus enthalten, dass Gewerkschaftssekretäre, welche regelmäßig Mehrarbeit leisten, pro Kalenderjahr pauschal neun freie Arbeitstage erhalten. Keine pauschale Abgeltung von Überstunden galt für die anderen Beschäftigten. Diese erhielten pro Überstunde als Zeitgutschrift 1 Stunde und 18 Minuten (= 30 % Überstundenzuschlag) bzw. eine entsprechende Überstundenvergütung.

Betriebsvereinbarung als Rechtsgrundlage

Der Kläger verlangte von seiner Arbeitgeberin für insgesamt 255,77 Überstunden in den vorausgegangenen 4 Monaten einen Betrag von EUR 9.345,84 brutto. Er berief sich auf die von seinem Vorgesetzten abgezeichneten Zeiterfassungsbögen. Die Arbeitgeberin sah dies völlig anders und berief sich zur Begründung der beantragten Klageabweisung darauf, dass sämtliche Überstunden des Klägers mit den neun Ausgleichstagen nach der Gesamtbetriebsvereinbarung abgegolten seien. ArbG und das Landesarbeitsgericht Nürnberg haben die Klage abgewiesen.

BAG fordert Transparenz und Gleichbehandlung

Die vom LAG zugelassene Revision des Klägers war vor dem 5. Senat des Bundesarbeitsgerichts erfolgreich. Das BAG hielt die Gesamtbetriebsvereinbarung insoweit für unwirksam, als dass diese für Gewerkschaftssekretäre eine Pauschalvergütung von Überstunden vorsähe. Die Voraussetzung „regelmäßige Mehrarbeit“ verstoße gegen das Gebot der Normenklarheit. Denn in welchem Fall eine regelmäßige Mehrarbeit anzunehmen sei und in welchem Fall nicht, dies sei nicht klar. Außerdem verstoße die Regelung gegen den betriebsverfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz. Eine „Regelmäßigkeit von Überstunden“ sei kein taugliches Differenzierungskriterium dafür, ob die Vergütung von Überstunden pauschaliert oder „spitz“ nach den tatsächlich geleisteten Überstunden gezahlt werde. Das BAG kam daher zu dem Ergebnis, dass die nachgewiesenen und von der Arbeitgeberin geduldeten Überstunden mit einem Zuschlag von 30 % tatsächlich zu vergüten seien.

Für die Praxis hat dieses Urteil zur Konsequenz, dass Vereinbarungen mit dem Betriebsrat klar und bestimmt formuliert sein müssen. Der betriebsverfassungsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz muss darüber hinaus beachtet werden.

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 26.06.2019 – 5 AZR 452/18

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