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Erreichbarkeit bei Arbeitsunfähigkeit?

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Am 02.11.2016 hat sich das Bundesarbeitsgericht mit dieser Frage befasst. Ergebnis: für ein kurzes Telefonat kann der Arbeitgeber den Arbeitnehmer kontaktieren. Eine Pflicht zur Teilnahme an einem Personalgespräch über zukünftige Arbeitsaufgaben besteht aber während der Arbeitsunfähigkeit nicht. Die notwendige Erreichbarkeit ist erheblich eingeschränkt.

Anlass gab der Fall eines Krankenpflegers, dessen Arbeitsaufgaben bis Ende 2013 befristet waren. Weil die Arbeitsunfähigkeit noch bis in den Februar 2014 andauerte, wollte der Arbeitgeber die künftigen Aufgaben wenigstens planen und besprechen. Zwei Ladungen zum Personalgespräch sagte der Arbeitnehmer unter Hinweis auf seine Arbeitsunfähigkeit ab. Er sei krank, daher müsse er eine Erreichbarkeit nicht gewährleisten und schon gar nicht zum Gespräch erscheinen. Der erboste Arbeitgeber sprach eine Abmahnung aus. Alle drei Instanzen hielten die Abmahnung für unwirksam.

Arbeitgeber bestimmt Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung

Der Arbeitgeber könne zwar nach § 106 Satz 1 Gewerbeordnung den Inhalt, Ort und Zeit der zu erbringenden Arbeitsleistung bestimmen. Erkrankte Arbeitnehmer müssen aber während der Arbeitsunfähigkeit nicht arbeiten, daher im Allgemeinen auch im Betrieb nicht erscheinen. Auch sonst müssen sie keine Nebenpflicht erfüllen, z.B. stets eine Erreichbarkeit sicherstellen oder E-Mails bearbeiten.

Dem Arbeitgeber zuzugestehen ist allerdings, dass er während der Arbeitsunfähigkeit „in einem zeitlich angemessenen Umfang“ mit dem erkrankten Arbeitnehmer in Kontakt tritt, um mit ihm den Arbeitseinsatz nach dem Ende der Arbeitsunfähigkeit zu besprechen. Dies gilt jedenfalls dann, wenn er ein „berechtigtes Interesse“ dazu nachweisen kann. Eine Kontaktaufnahme, beispielsweise per Anruf, Brief oder E-Mail, soll also zulässig sein.

Telefonat ja, Personalgespräch nein

Während der Arbeitsunfähigkeit muss der Arbeitnehmer also vielleicht ein Telefonat mit dem Arbeitgeber führen. Er muss aber auf Anweisung des Arbeitgebers nicht persönlich im Betrieb erscheinen. Dies kann ausnahmsweise nur dann der Fall sein, wenn es aus wichtigem Grunde ausnahmsweise unverzichtbar ist, den Arbeitnehmer in den Betrieb einzubestellen, und dieser dazu gesundheitlich in der Lage ist. Im entschiedenen Fall gab es keine solchen Gründe, weshalb die Anordnung unverhältnismäßig und daher die Ablehnung des Erscheinens während der Arbeitsunfähigkeit kein abmahnungsfähiger Pflichtverstoß war.

Fazit: Es gibt kein generelles Verbot für Arbeitgeber, während Arbeitsunfähigkeit an einen krankgeschriebenen Arbeitnehmer heranzutreten und mit ihm zu sprechen. Arbeitnehmer ihrerseits müssen aber in aller Regel Personalgespräche während einer Krankheit nicht im Betrieb führen. Eine solche Vorgabe des Arbeitgebers ist nur in seltenen Ausnahmefällen zulässig.

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 02.11.2016, Az.: 10 AZR 596/15

Pressemitteilung des Bundesarbeitsgerichts

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