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Kurzarbeit – Haftungsrisiken für Arbeitgeber und Arbeitnehmer

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Glücklicherweise wurde die Kurzarbeit bis zum 31.12.2021 verlängert. Das bringt viele Unternehmen und Betriebe in die Lage, derzeit noch auf Kündigungen zu verzichten.

Ob die Voraussetzungen von Kurzarbeit und den Bezug von Kurzarbeitergeld tatsächlich vorliegen, dies wird derzeit von der Bundesagentur für Arbeit nur oberflächlich geprüft. Man darf aber davon ausgehen, dass nach dem Abklingen dieser Kurzarbeitswelle und entsprechenden Kapazitäten in den örtlichen Arbeitsagenturen umfassende Nachprüfungen erfolgen werden. Ähnlich wie bei der Finanzkrise werden womöglich wieder eigene Abteilungen eingerichtet, um möglichen Betrugsfällen nachzugehen.

Die Bundesagentur für Arbeit nutzt bereits jetzt eine Analysesoftware, um Missbrauchsmuster zu erkennen. Das Hauptzollamt oder die Staatsanwaltschaft erhalten auch aktuell schon Hinweise von Mitarbeiter*innen und Gewerkschaften zu etwaigen Verdachtsfällen auf Leistungsbetrug.

Welche Risiken treffen Arbeitgeber und Arbeitnehmer?

Die Voraussetzungen für den Bezug von Kurzarbeitergeld nach den §§ 95 ff. SGB III müssen während des gesamten Bezugszeitraums vorliegen.

Wird in einem Betrieb beispielsweise Kurzarbeit im Umfang von 50% eingeführt und von der Arbeitsagentur für die nächsten 12 Monate bewilligt, darf während dieses Zeitraums nicht mehr als 50% gearbeitet werden. Fallen aufgrund eines Auftragszuwachses Überstunden an oder kehren Mitarbeiter gar zur Vollarbeit zurück, entfällt für diese der Anspruch auf Kurzarbeitergeld. Der Grund ist offensichtlich: Sie sind nicht mehr von dem Arbeitsausfall betroffen.

Arbeitsrechtliche Risiken

Kurzarbeit kann nur bei einem Arbeitsausfall eingeführt und aufrechterhalten werden. Liegt kein Arbeitsausfall (mehr) vor und bietet ein Arbeitnehmer dann die volle Arbeitsleistung an, gerät der Arbeitgeber in Annahmeverzug und muss das volle Arbeitsentgelt als Annahmeverzugslohn auszahlen. Hierfür genügt sogar ein nur wörtliches Angebot des Arbeitnehmers zur Erbringung seiner Arbeitsleistung (BAG Urteil vom 18. November 2015 – 5 AZR 491/14). Im Rahmen von etwaigen Verfallsklauseln im Arbeitsvertrag und Verjährungsfristen können Gehaltsansprüche teilweise nach Monaten oder gar Jahren rechtlich durchgesetzt werden.

Sozialrechtliche Risiken

Fehlt die arbeitsrechtlich wirksame Grundlage für die Einführung von Kurzarbeitergeld, so gibt es auch keinen Anspruch auf Kurzarbeitergeld von der Bundesagentur für Arbeit.

Gleiches gilt, wenn der Arbeitsausfall – wie im obigen Beispiel – nicht oder nicht mehr gegeben ist. In diesen Fällen wurde das Kurzarbeitergeld zu Unrecht bewilligt mit der Folge, dass es inklusive etwaiger Nebenleistungen von der Arbeitsagentur zurückgefordert werden kann. Noch gravierender ist der Fall, wenn Kurzarbeitergeld ohne das Vorliegen eines Arbeitsausfalls beantragt wird. Hier liegt eine Bösgläubigkeit des Handelnden vor, wenn er trotz Kenntnis vom fehlenden Vorliegen der Voraussetzungen die Richtigkeit und Vollständigkeit der Angaben durch Unterschrift bestätigt und das entsprechende Merkblatt der Bundesagentur für Arbeit zur Kenntnis genommen hat.

Dass in beiden Fällen ein Anspruch auf Annahmeverzugslohn entstanden ist, schlägt sich auch auf sozialrechtlicher Ebene nieder. Denn für den sogenannten „Annahmeverzugs-Phantomlohn“ müssen seinerseits Sozialversicherungsbeiträge geleistet werden – und zwar unabhängig davon, ob dieser Anspruch von der Arbeitnehmerseite geltend gemacht wird. Denn hier gilt das „Entstehungsprinzip“ nach § 22 SGB IV.

Der Arbeitnehmeranteil der Sozialversicherungsbeiträge muss dann nachgezahlt werden. Hinzu kommen gegebenenfalls noch Säumniszuschläge.

Strafrechtliche Risiken

Auch die strafrechtliche Beurteilung ist nicht zu vergessen. Durch falsche oder unvollständige Angaben gegenüber der Arbeitsagentur kann ein Betrug nach § 263 StGB (Vorsatztat) oder einen Subventionsbetrug nach § 264 StGB vorliegen. Für den Subventionsbetrug ist zu beachten, dass der Tatbestand noch nicht einmal ein vorsätzliches Handeln verlangt. Es genügt sogar die Leichtfertigkeit.

Arbeitnehmer*innen aus z.B. der Personalabteilung können sich hier im Bereich der Beihilfe ebenfalls strafbar machen.

In Bezug auf den bereits erwähnten „Annahmeverzugs-Phantomlohn“ kommt eine mögliche Vorsatz-Strafbarkeit wegen Beitragshinterziehung nach § 266a StGB, sowie eine Strafbarkeit wegen leichtfertigen Handelns nach § 8 Abs. 3 SchwarzArbG in Betracht.

Wenn es dem Betrieb oder Unternehmen also finanziell noch so schlecht gehen sollte, sind die Anzeige eines Arbeitsausfalls und der Antrag auf Kurzarbeitergeld sorgfältig zu prüfen. Hier sollte man nicht nach dem Motto handeln, dass es auf die ein oder andere Gewährung von Kurzarbeitergeld bei den immensen Staatsausgaben nun auch nicht ankomme.

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